Boston Marathon 21. April 2003

Erst mal anstellen am Rande des Boston Common und das schon ziemlich früh, um einen Platz im Schulbus nach Hopkinton zu erwischen. Der Ort liegt weit außerhalb, Start ist 12 Uhr.
Nach einer Stunde Fahrt dann erst einmal auslockern in dem Provinzort. Noch ist genügend Zeit vorhanden, das aufgebaute Zelt ist mit relaxenden Läufern voll.
Auch auf der Wiese alles voll. Mehrfachstarter hatten eine Decke und etwas zu lesen mitgebracht. Noch schnell ein Bagel und Banane abfassen und dann endlich Umziehen und dehnen. Das deutsche Lager formiert sich. Als Reiseteilnehmer bei Grosse Coosmann konnte man auch ohne Einhaltung der strengen Qualifikationszeiten (M35 - 3:15 h) starten, hatte sich aber beim Start dann auch hinten mit den Startnummern über 20000 aufzustellen. Ich stellte mich aus Solidarität auch mit hinten auf, zum einen weil ich so ein lockerer Typ bin, zum anderen weil ich die Platzierungsprozedur in Boston nicht kannte.Die Platzierungen werden hier trotz Chipbenutzung wie bei einem Volksfestlauf nach Reihenfolge der Zieleinkunft vergeben.
Irgendwann gegen 12 Uhr muß es dannn tatsächlich losgegangen sein. Da es 3 Startreihen gab, bekam man das am Ende des Feldes aber gar nicht so richtig mit. Doch 10 Minuten später kam man dann doch ins trampeln und 5 Minuten später war man über die Startlinie. Aber noch war nichts verloren. Der Chip am Schuh mißt schließlich die genaue Zeit. (Dachte ich zumindest, daß die Platzierungen in den Ergebnislisten hier jedoch nach der Bruttozeit erfolgten, war für mich eine wertvolle Erfahrung. Die Startreihe mit meinen 2000er Nummern lief schon 10 min früher als ich los). Schon am Anfang viele Zuschauer am Straßenrand, da war zweimal Hopkinton auf den Beinen.
Nun ging es die Landstraße entlang in nordöstlicher Richtung zurück nach Boston. Es war sonniges Wetter und angenehme Temperaturen so um 16 Grad. Nach den vergangenen frischen neuengländischen Frühlingstagen war man auf so mildes Wetter gar nicht gefasst. Eine Zuschauerin in der ersten Kurve von Hopkinton hatte aber mitgedacht: Sie hatte sich die Hand voller Sonnencreme geschmiert und hielt sie den Läufern entgegen, "Suncreme, Suncreme" rufend. Ich bekam über Thomas, der außen lief, davon ein wenig ab, um mir über die Nase zu streichen. Vergeblich, wie sich später herausstellte. Die Sonne sollte uns die ganze Zeit auf den Rücken scheinen und hinterließ dort auch bei den meisten Läufern ihre Spuren.
Hopkinton war nicht sehr groß und zog sich mehr oder weniger entlang der Straße in die Länge. Mit seinen niedrigen Holzhäusern mutete er eher wie ein Ferienort an. Danach ging es die Straße weiter durch Nadelwälder und Heidelandschaft. Die nach folgenden Provinzorte waren aber nicht weit voneinender entfernt, so dass beinahe die ganze Strecke mit Zuschauern gesäumt war. In der Orten dann die besondere Begeisterung und Anfeuerung. Auch Bands spielten am Rande der Strecke auf, ich glaube sogar Elvis gesehen zu haben...
Die ersten Kilometer ging es bei frischer Luft vorwiegend gerade oder sacht bergab und der Lauf ließ sich gut an. Von dem ständigen Umkurven der qualifizierten Teilnehmer vor mir mal abgesehen. die deutsche Gruppe verteilte sich bald, Thomas sah ich anfangs noch einige male , nach einigen Fotos versuchte ich dann mein Tempo zu finden. Ich rechnete insgeheim mit einer Zeit um die 3:15 Std, wohl eher etwas schlechter. Aber Nachlassen konnte man ja immer noch, jetzt erst mal mit den noch vorhandenen Kräften ein paar Läufer umrunden und den Zuschauern zugewinkt.
Jetzt war die Sonne schon höher gestiegen, da wurden die Erfrischungsstellen wichtig. Normalerweise komme ich mit dem gereichtem Wasser doch ganz gut über die Strecke, greife aber auch mitunter zu stärkeren Sachen. Wasser wurde hier alle 2 - 3 km an Tischen und von Helfern gereicht, man bekam immer etwas ohne zu drängeln. Gut war, dass kurz hiner einer Wasserstelle gleich eine auf der anderen Seite folgte. So mußte man nie quer laufen und bekam immer genüghend Flüssigkeit. Die Zuschauer feuerten begeistert an, besonders amerikanische Fahnen oder Embleme kamen gut an. "USA on the way", hieß es dann. Aber auch neutrale Läufer wurden mit "nice Job" oder "looking good" angefeuert. Wie angekündigt, war dann am auf der Strecke liegenden Mädchen - College die Hölle los. Die Fans dort werden auch Sirenen genannt, man konnte abklatschen. Gegen Hälfte der Strecke gab es dann Energie-Gel in der praktischen Shampoon-Folienverpackung.
Die gelaufene Strecke wird hier in Meilen angegeben. Ich hatte mir eine Durchschnittszeit von 7:30 Minuten pro Meile vorgenommen. Alle 5 km stehen dann auch die Kilometerschilder. Nach etwa 15 km merke ich, dass ich heute nicht in Höchstform bin (die Vorbereitung war auch nicht optimal) und ich stecke meine Ziele niedriger. Bei einem Überholvorgang treffe ich nochmals auf Thomas, bei dem es gut läuft und der mich locker überholt.
Gegen den zweiten Teil der Strecke waren dann leichte Steigungen angekündigt. Als besonders berüchtigt gilt dabei der Heartbreak-Hill. Und es kamen viele Steigungen, sie nahmen gar kein Ende. Wann kam denn nun endlich der verdammte Heartbreak-Hill ? Ich schnaufe die Berge hoch, werde hier sogar selbst überholt. Langsam kommt die Silhouette von Boston in den Blick.
Ich war schon deutlich langsamer geworden, die Strecke und die Hitze hatten an den Kräften gezehrt. Ein 5 Minuten-Schnitt pro Kilometer hielt nicht mehr, die nächste Zielstellung hieß unter 3:30 Std bleiben. Jetzt nach Meile 25 ging es aber schon nach Boston rein, die Zuschauer standen jetzt mehrreihig hinter den Absperrungen. Auch die etwas abgeschlagenen Läufer wurden heftig angefeuert.
Endlich war auch die Meile 26 geschafft und man bog auf die Zielgerade ein. Die Straße war schon seit 2 Tagen abgesperrt, eine Tribüne und das Zieltor aufgebaut. Jetzt hieß es nochmal, sich zusammennehmen und für das Zielfoto in die Kameras gewinkt.
Hinter der Zeillinie dann erst mal zur bereitgehaltenen Wasserflasche gegriffen, Rollstühle für geschwächte Läufer standen bereit.
Ich ließ mir die Erinnerungsmedaille überreichen und griff nach einem Verpflegungsbeutel mit Apfel und Energieriegel. Damit machte ich mich auf die Suche nach dem Kleiderbeutel, massierte einen beginnenden Krampf aus und fand auch noch die Station zum Ausdruck der Soforturkunden.
Darauf war neben meinem Namen die Zeit von 3:24:48 (Netto) gedruckt, na also .


Boston-Reise